Die Umbettung des Splitterschutzunterstandes
Alaska-Kai Ost WHV / ein Bericht:
Umgebettet!
Mobiler Splitterschutzunterstand Alaska-Kai Ost
Baudenkmal 2009 bis 2014
Durch unseren Leser Olaf
D. aus Wilhelmshaven wurden wir auf diesen Splitterschutzunterstand aufmerksam.
Noch einmal unser Dank an ihn.
Aufnahme
vom 11.8.1944: Der Originalstandort am Kai. Der Unterstand steht
45 Grad schräg zum Ufer (nur circa 5 Meter von der Kaimauer
entfernt), um in ihm den gesamten Hafenbereich optimal einsehen
zu können...
Der
Splitterschutzunterstand wurde in Folge der Demilitarisierungsmaßnahmen
Ende der 1940er Jahre am Uferbereich versenkt...
1955
Trotz der Versenkung
am Ufer ragte der Dachbereich des Unterstandes auch im Jahr 1955
noch aus dem Wasser heraus, bevor er in den späteren Jahrzehnten
gänzlich unter die Wassergleiche absackte...
Transportabler
Splitterschutzunterstand Alaska-Kai Ost, Wilhelmshaven
Das Objekt wurde nach
unserer Auffassung 1941 auf dem Gebiet der Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven
als transportabler Splitterschutzunterstand, Beobachtungsstand,
Brandwache gefertigt. Wir konnten diesen Unterstand in seiner Form
bisher nur in Wilhelmshaven nachweisen. Daher gehen wir davon aus,
dass er hier als Prototypserie gefertigt wurde. Bislang konnten
wir außer dem Objekt, welches hier beschrieben wird, lediglich
zwei weitere Bauwerke dieser Art in WHV nachweisen. Einmal auf dem
Bauwerftgelände Süd, Mitte, unmittelbar südlich des
runden LS-Turmes. Einmal an der Banter Ruine am ehemaligen Tirpitzhafen,
heute Banter See - unmittelbar südlich des dort heute noch
existenten Truppenmannschaftsbunkers 750. Beide Objekte wurden in
den ersten Nachkriegsjahren beseitigt. Insgesamt gehen wir von mindestens
10 ursprünglich produzierten Bauwerken dieser Art aus. Weitere
ehemalige Standorte auszumachen, stellt sich als sehr schwer dar.
Die Aktenlage gibt nichts über diese Anlagen her, Bildmaterial
ist dürftig. Der Splitterschutzunterstand wurde speziell als
Schutzraum für die Werftarbeiter und einfachen Soldaten der
Kriegsmarinewerft gefertigt.
Insgesamt konnten bequem
fünf Personen den Unterstand betreten. Er wird teilweise auch
als Brandwache gedient haben. Durchaus könnte eine Telefonverbindung
im Unterstand existiert haben. Auf dem Boden befindet sich noch
immer ein kleineres Kabelfragment, welches durch den Boden nach
außen geführt haben kann. Auch eine Art Miniheizung wird
vorhanden gewesen sein. Ein eventuell diesbezügliches Stahlrohr
wurde im Unterstand aufgefunden. Der Unterstand ist aus einem Stahlbewehrungskäfig
mit integrierter Stahlträgerbodenplatte und zwei auf dem Dach
befindlichen Transporthaken gefertigt. Der Innenraum war ganzflächig
mit einer Stahlhülle umschlossen. Vier nach innen sich verjüngende
Sichtscharten, sowie eine Halbbogentür befinden sich im Unterstand.
Die Tür war mit einer Stahltür von innen zu verschließen.
Ein stählerner Riegel wurde wahrscheinlich mit der Tür
und einem Gegenstück am Unterstand festgeklemmt und so die
Tür gesichert. Der circa 1 Meter lange Riegel konnte von uns
im Inneren des Unterstandes erfolgreich geborgen werden. Die vier
Sichtscharten waren ebenfalls mit über diese schiebbaren Stahlluken
zu verschließen. Die Stahlluken wurden von Riegeln an der
Innenwand des Unterstandes gehalten. Eine dieser Luken befindet
sich noch heute im Unterstand in Originalposition. Auch Teile eines
Riegels sind noch vorhanden. Der Unterstand wiegt exakt 20 Tonnen.
Breite 2,80 Meter, Höhe 2,60 Meter, Tiefe 2,30 Meter, 30 Zentimeter
dicke Stahlbetonwände und Decke. Der Metallträgerboden
ist lediglich 10 Zentimeter stark.
Wir vermuten, dass
der Splitterschutzunterstand zusammen mit den Splitterschutzzellen,
welche meist auf der Bauwerft standen, aus einer Produktionsserie
stammt. Die Form der Türen ist identisch. Auch wird der Unterstand
ursprünglich eine Hervorhebung des Metallkäfigs für
die Stahltür gehabt haben (siehe Foto Zelle). Diese Hervorhebung
wurde mit der Tür nachträglich beim Herausschweissen einiger
Stahlkäfigbereiche entfernt. Es könnte auch sein, dass
Stahlblenden im Verbund mit dem Käfig, wie bei den Splitterschutzzellen,
im Sichtschartenbereich vorhanden waren.
Der Splitterschutzunterstand
am Alaska-Kai Ost, damit der dritte nachgewiesene seiner Art, hat
seinen Ursprungsstandort in Kriegszeiten am Ufer des Kais in Nähe
zur ehemaligen "Graf-Spee-Kaserne" gehabt. Unserer Vermutung
nach wurden die Unterstände und auch Splitterschutzzellen nicht
selten vom Wilhelmshavener Schwimmkran „Langer Heinrich“
bewegt und zu den Standorten in Ufernähe gehoben.
Der Splitterschutzunterstand muss bald nach Kriegsende (wir meinen:
1948) während der Demilitarisierungsmaßnahmen der Engländer
am Ufer des Alaska-Kais versenkt worden sein. Vielleicht hatte man
keinen Ehrgeiz, ihn zu sprengen und wollte ihn so unbrauchbar machen.
Anfangs, nachgewiesen bis in die 1950er Jahre, ragte der Unterstand
mit seinem Dach noch geneigt aus dem Wasser, bevor er unter die
Wassergleiche absackte und in den nachfolgenden Jahrzehnten sogar
zu einem Drittel in den Grundschlick eindrang.
Schrottaucher müssen den Unterstand nach dem Krieg mit einem
Greifer oder ähnlichem beschädigt haben, davon zeugen
noch heute Jahrzehnte alte Furchen im Unterstand. Die Hälfte
der Metallinnenhülle fehlt. Sie wurde vor Jahrzehnten ausgetrennt.
Im Krieg? Sofort nach dem Krieg? Jahre später unter Wasser?
Man weiß es nicht. Klinkerfragmente finden sich an der Außenhaut
des Unterstandes. War im Krieg ein Klinkergebäude direkt an
ihn herangebaut worden?
Im Mai 2005 wurde der
vergessene Unterstand durch Zufall in Folge von Bauarbeiten am ehemaligen
Alaska-Kai durch die Firma Rova-Hafenumschlag aufgrund ihrer Bohr-
und Baggerarbeiten für die neue Spundwand entdeckt und geborgen.
Er wurde durch einen Schwimmkran an fast die gleiche Stelle an Land
gehoben, wo er früher ursprünglich schon stand. Der gesamte
Unterstand war mit Seepocken versehen. Innen waren vier Kubikmeter
Jahrzehnte alter schwarzer Seeschlick vorhanden.
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Zwecks Erhaltung in historischer
Hinsicht wurde der Unterstand am 29.08.05 zum Minsener Oog 1A umgebettet.
Vorher mussten vier Kubikmeter Schlick hinausgeschaufelt werden,
eine alte „Florida-Boy“-Flasche, sowie "Becks Bier"
aus den 1950ern gefunden werden (wahrscheinlich in Sommern dieses
Jahrzehntes, bevor der Unterstand unter Wassergleiche sackte, von
Badegästen am Ufer hinein geschmissen). Einige Hürden
und bange Momente mussten genommen werden, doch letztlich wurde
das Ziel erreicht. Die Geschichte dieses Unterstandes ist eine wechselvolle.
Er bewahrte Leben im Zweiten Weltkrieg. Das darf nicht vergessen
werden. Deshalb ist es schön, dieses Bauwerk für kommende
Generationen als Mahnung und Informationsquelle gerettet zu haben.
Nachtrag
24.06.11:
Es gibt neue Informationen über den Unterstand, einige Thesen
müssen korrigiert werden. Hier
|
Die
Umbettung des Unterstandes wurde am 29.08.05 vollzogen. Auf dem Luftschutzturmgrundstück
Norderneystraße / Minsener Oog 1A hat er nun einen Platz als
historisches Relikt gefunden. Hier eine Fotodokumentation der Umbettung.
Bereits Ende Juli 05 wurde von
Holger Raddatz der Wunsch nach einer Rettung des Unterstandes gestellt:
Der Unterstand vor dem Aufspülen
des Geländes mit Sand.
Und danach:
Vor der Umbettung müssen
circa 4 Kubikmeter Sand und Jahrzehnte alter schwarzer Seeschlick aus dem
Unterstand herausgeschippt werden. Diese Maßnahme erleichtert den Abtransport,
da der Mini-Bunker nun nicht mehr 23 Tonnen wiegt, sondern "nur noch"
knapp unter 20 Tonnen...
Noch steht die Umbettung in den
Sternen. Klappt sie überhaupt? Wir haben den Schlick in Erwartung an
einen Erfolg geschippt. Sicher waren wir zu dem Zeitpunkt in keiner Weise.
Es hätte zu dem Zeitpunkt auch anders, negativ, laufen können.
Doch dann am 20.08.05 in der
WZ:
Eine Umbettung steht in Reichweite!
Selbst von der ehemaligen 2.
Einfahrt aus gesehen ist der Unterstand als leuchtender Punkt in der Ferne
zu erkennen.
...etwas näher...
...und halb verdeckt von der
ehemaligen 3. Einfahrt gesehen...
Alles ist vorbereitet. Am 27.,
28. und am Morgen des 29. ist es regnerisch. Ein zu weicher Boden würde
den schweren Kran und den Tieflader einsinken lassen. Dennoch sind wir optimistisch.
29. August 2005 / 8.30h - 11h:
Umbettung!
Am Morgen ist es zunächst
regnerisch, doch dann klart der Himmel auf und es herrscht schönstes
Spätsommerwetter in Wilhelmshaven, welches den aufgeweichten Boden rasch
trocknen lässt. Das Wetter spielt seinen Wechsel für uns aus...
...leichtes Risiko...
Der ursprüngliche Standort
nach dem Abtransport...
...der Unterstand am neuen Standort:
Achtung: Beschreibung nicht mehr
dem aktuellen Forschungsstand entsprechend!
Splitterschutzunterstand Alaska-Kai
Ost WHV nun auch als Kartonmodellbausatz! Hier!
Achtung: Beschreibung auf Titelblatt
des Bogens nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entsprechend!
Dieses 20-teilige originalgetreue
Modell ist ab sofort erhältlich. Interesse?
Hier
anfordern!
Gedankt wird für die Ermöglichung,
Hilfe und Unterstützung bei dieser Umbettungsaktion:
Firma Bohlen und Baum, Wilhelmshaven
Herrn G. Theilen, Wilhelmshaven
Firma Hepag, Wilhelmshaven
Herrn P. Raddatz, Schortens
Herrn H. Brunhorn, Marinearsenal
Wilhelmshaven
Firma Rova-Hafenumschlag und
Vertriebsgesellschaft, Varel-Altjührden
Herrn Wessels, Firma Rova-Hafenumschlag
und Vertriebsgesellschaft, Varel-Altjührden
Herrn U. Müller-Heinck,
Wilhelmshavener Zeitung
Die Fotos des Unterstandes
entstanden allesamt vor der Restaurierung des Objektes im Juli /
August / September 2006!
Nachtrag
24.06.11: Es gibt neue Informationen über den Unterstand, einige
Thesen müssen korrigiert werden. Fotos der Restaurierung des Unterstandes.
Hier
Dieser Entwurf für die Restaurierung
wurde nach kurzer Bedenkzeit wieder fallen gelassen, da er entgegen dem Sinne
unserer Forschung doch etwas zu militant wirkt. Es muss jedoch festgestellt
werden, dass militärische Splitterschutzzellen und Brandwachen durchaus
in einigen Fällen über derartigen Tarnanstrich verfügt haben.
...
Dennoch teils turbulente
Zeiten vergingen.
Und dann...
Nachtrag
-
9 Jahre später -
Erneute Umbettung vom
Splitterschutzunterstand Alaska in Wilhelmshaven
12. Mai 2014: Heute wurde unser
Splitterschutzunterstand Alaska bei äußerst bescheidenem
Wetter zum Kanalweg 15 zu den beiden dort bereits vorhandenen Kleinbunkern
umgebettet. Der Unterstand hat die Umsetzung nahezu unversehrt überstanden.
Der Zahn der Zeit hat arg am 20-Tonnen-Splitterschutzunterstand gefressen.
Es wird eine erneute Renovierung und das Wiedereinsetzen der Tür etc.
erfolgen. Die beiden anderen Kleinbunker werden in einem Rutsch mit instand
gesetzt. Der Stellplatz erhält eine Umrahmung und wird mit Split versehen.
Nach diesem für uns erfolgreichen Tag, den man sich trotzdem aufgrund
der Ereignisse nicht wieder wünscht, macht „Bunker-WHV“ erst
einmal einige Tage Bunker-Urlaub. Wir danken herzlich allen Beteiligten
für die reibungslose Durchführung der Aktion. Unser Dank auch an
die Firma Jade-Weser-Lift für das Verladen / den Transport und
an die IEHF für den Stellplatz. Wir hoffen, dass die Ruhe bezüglich
unserer Beschäftigung mit Bunkern, die wir immer wollten und wollen im
Hinblick auf die Wilhelmshavener Bunkerinteressierten und die Bunkergeschichte
der Stadt nun wieder eintritt.
Ein Artikel zur Umbettung des
Splitterschutzunterstandes Alaska erschien am 20.05.14 in der Wilhelmshavener
Zeitung:
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